Noblesse und Tiefe
Als Experte für die Musik der englischen Renaissance ist “Lautenmeister” Hopkinson Smith den styriarte-Gästen längst ein Begriff. Bei seinem Konzert im Grazer Minoritensaal überzeugte der US-Amerikaner einmal mehr mit Stücken von John Dowland bis Anthony Holborne, sorgte aber auch für Überraschungen.
Wenn Hopkinson Smith die Renaissancelaute packt, ist man auf einen entspannten Abend eingestellt: Pavanen, Galliards und Fancys aus der Zeit Queen Elisabeths wollen zart gezupft erklingen, und tatsächlich ist die akkurate, nie auf äußere Effekte zielende Spielart Smiths ein Lehrstück in Sachen Klangintimität.
Hat das Ohr sich erst akklimatisiert, ist man freilich überrascht, welche emotionalen Abgründe sich hinter der Noblesse verstecken: In Dowlands “Forlorne Hope Fantasy” türmten sich etwa verschachtelte Dissonanzen, die auch ohne äußeres Tamtam durch das perfekte Saitenspiel des Virtuosen ihre Wirkung voll entfalten.
Zudem hat Smith dem Festivalmotto folgend einige schlaue “Verwandlungen” in sein Programm eingebaut, etwa ein Gondellied Felix Mendelssohns, das auf der Laute so wehmütig klingt, dass man fast denkt, es wäre ein echtes Renaissance-Original.
By F. Jureček (Kronen Zeitung, Graz)