Mad Dog (Lautenwerke)
Wenn ein für das Lautenspiel und überhaupt für die Alte Musik so verdienter Musiker wie Hopkinson Smith seinen 70. Geburtstag feiert, sollte es eigentlich feuilletonistische Glückwunschtelegramme und Würdigungen hageln. Doch Ende 2016 blieb es zumindest im deutschsprachigen Raum erstaunlich still. Dabei können sich Generationen von Lautenisten immer noch einiges von dem New Yorker Altmeister ablauschen. Und selbst im Standardrepertoire, bei den English Masters der Elisabethanischen Zeit, tun sich unter Hopkinsons Fingern weiterhin Klangräume von himmlischer Weite, konzentrierter Schönheit und berührender Einsamkeit auf. Zumal Mr. Smith bei seiner jüngsten Aufnahme mit einer achtchörigen Laute aus der Werkstatt des Bostoner Joel van Lennep ein Prachtinstrument zur Verfügung hatte, mit dem sich von Sanftmut über Lebenslust bis zur klassisch englischen Gemütsschwere alles entlocken lässt, was diese Musik zu bieten zu hat. Mit John Johnson, Anthony Holborne, William Byrd und John Dowland hat sich Smith für vier Komponisten entschieden, die das Lautenspiel in unterschiedlichen Dosen enorm geprägt und befruchtet haben. Und so finden sich unter den insgesamt 23 Stücken auch Gaillards, Pavanen und Fantasien, die zum festen Lautenkanon jener Zeit gehören. Die meisten dieser intimen Klangwunderwerke tragen bekanntermaßen Titel wie Dowlands berühmtes „The Shoemaker´s Wife“ oder „Mad Dog“ von Holborne. In seine Sammlung hat Smith aber nun seinerseits vier namenlose Stücke aufgenommen und sich von ihnen jeweils zu einem Titel inspirieren lassen. Darunter findet sich auch ein Stück von John Johnson, das Smith „Ward´s Repose“ getauft und damit dem Musikwissenschaftler und Johnson-Experten John Ward gewidmet hat. Und auch bei dieser Klang-Hommage lässt Smith seine Laute so unwiderstehlich nobel ein- und ausatmen, wie man es von diesem Grandseigneur im Grunde seit vielen Jahrzehnten verlässlich gewohnt ist.
by Guido Fischer (RONDO - Das Klassik & Jazz Magazin)